Mittwoch, 28. November 2012

Heilung durch Schamanen: Oberlandesgericht Köln weist Klage auf Rückerstattung der Kosten ab

Pressemitteilung des OLG Köln

Der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat in einem Urteil vom 21.11.2012 die Berufung der Klägerin gegen ein Urteil des Landgerichts Köln zurückgewiesen (Az. OLG Köln 16 U 80/12). Damit wurde eine Klage abgewiesen, mit der eine unheilbar an Krebs erkrankte Patientin Rückerstattungsansprüche und Schmerzensgeld hinsichtlich einer von ihr in Anspruch genommenen Behandlung durch einen Schamanen geltend machte.

Die Klägerin leidet an einer nach den Methoden der Schulmedizin nicht heilbaren Krebserkrankung. Sie wandte sich deshalb an die Beklagte, die auf einer Internetseite gemeinsam mit ihrem Ehemann für Reisen in ein Camp im peruanischen Regenwald warben, in welchem sich der Ehemann der Beklagten und sein Vater als Schamanen betätigten.

Die Klägerin führte Gespräche mit der Beklagten und entschied sich schließlich, eine schamanische Heilbehandlung mit Pflanzen und Säften durch den Schwiegervater der Beklagten vornehmen zu lassen. Die Klägerin meldete sich und ihren Ehemann, der sie begleitete, zu einer 5-wöchigen Perureise zum Preis von 4.420,- Euro pro Person an.

Zusätzlich wandte sie 4.028,- Euro für die Flüge nach Lima auf. Die Klägerin reiste in das Camp, brach die Reise jedoch im Hinblick auf die Verhältnisse vor Ort frühzeitig ab. Der erhoffte Behandlungserfolg blieb aus.

Das Oberlandesgericht Köln hat - ebenso wie bereits das Landgericht Köln - die Ansprüche der Klägerin zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ausführlich über die im Vorfeld der Reise zwischen der Klägerin und der Beklagten geführten Gespräche sowie über die Zustände in Peru Beweis erhoben.

Als Ergebnis der Beweisaufnahme ließ sich nicht feststellen, dass die Klägerin mit der Beklagten einen Reisevertrag abgeschlossen hat. Die Beklagte habe zwar an den Gesprächen mit der Klägerin teilgenommen und auch Informationen über die Reise sowie die Behandlung weitergegeben, allerdings sei sie nicht Vertragspartnerin der Klägerin geworden.

Aus diesem Grunde könnten keine Ansprüche aus einer Schlechterfüllung des Reise- bzw. Behandlungsvertrages gerade gegen die Beklagte gerichtet werden. Das Oberlandesgericht hat als Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht feststellen können, dass die Beklagte im Rahmen der Gespräche ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, für das sie nunmehr einstehen müsste.

Das Oberlandesgericht Köln hat darüber hinaus auch keine andere Grundlage für eine Haftung der Beklagten annehmen können. Insbesondere hat es eine Verantwortlichkeit der Beklagten für die Zustände vor Ort in Peru und Umstände der Behandlung abgelehnt. Die Beklagte habe die Klägerin auch nicht über diese Zustände getäuscht.

Das Oberlandesgericht hat in seinen Entscheidungsgründen u.a. zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin Aussagen der Beklagten über die Heilungschancen nicht als verbindliche Zusicherung verstehen durfte. Der Klägerin und ihrem Ehemann sei bewusst gewesen, dass sie den Boden der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse verließen und daher sichere Heilungsversprechen nicht möglich waren.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, so dass das Urteil nicht mehr anfechtbar ist.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

OLG Karlsruhe: Irreführende Werbung für Silikonpads, die unter anderem zum Schutz vor Elektrosmog dienen sollen

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Kontrolle der Einhaltung der Regelungen des lauteren Wettbewerbs gehört. Die Beklagte vertreibt esoterische Gesundheitsprodukte, darunter Silikonpads, die zur Abwehr von Elektrosmog und zur Verbesserung von Speisen und Getränken dienen sollen. Die Wirkungsweise basiere auf subtilen Energien informierter Mineralien („Bionen-Energie“). Die flachen ovalen Pads gegen Elektrosmog (2 x 2,5 cm) sollen dazu auf den Körper aufgelegt oder in die Hosentasche gesteckt werden, die flachen runden Pads zur Verbesserung von Speisen und Getränken (d = 9 oder 21cm) unter Gläser oder Teller gelegt werden.

Die Klägerin hat im Verfahren der einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Konstanz beantragt, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für die kleinen Pads damit zu werben, dass sie für ein Mehr an Vitalität stünden und auszuführen, dass im Zusammenhang mit einer steigenden Belastung des menschlichen Körpers durch Strahlen X-pad ein kleines Pad sei, das zum Schutz vor dieser Strahlung dienen solle. Hinsichtlich der größeren Pads sollte die Werbung untersagt werden, diese könnten ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Speisen und Getränken leisten, sie seien dazu bestimmt, den ph-Wert positiv zu beeinflussen, der Anzahl freier Radikale entgegen zu wirken, Wasser optimal auszurichten und linksdrehende Milchsäuren im Wandel zu rechtsdrehenden Milchsäuren zu beeinflussen.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Außensenat in Freiburg - der Beklagten diese Werbung untersagt.

Der Senat hat ausgeführt, dass die Werbung irreführend sei, sie enthalte zur Täuschung geeignete Angaben über die Wirkung der X-pads. Der verständige und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher gewinne durch diese Werbung den Eindruck, allein durch körpernahes Tragen der Pads könnten die angepriesenen positiven Wirkungen bereits erreicht werden.

Die Werbeaussagen genügten nicht den strengen Anforderungen, die an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit gesundheitsbezogener Werbung zu stellen seien. Die Werbung bewege sich im empfindlichen Bereich des Heilwesens, der im Interesse der öffentlichen Gesundheit eine besondere Reglementierung von Werbung erfordere. Wer gesundheitsbezogene Wirkungsaussagen treffe, müsse auf substantiierten Angriff seines Wettbewerbers die Richtigkeit seiner Behauptung darlegen und beweisen. Soweit der Werbende nicht dartun könne, dass sein Wirkversprechen wissenschaftlich abgesichert sei, habe er die behauptete Wirkung im einstweiligen Verfügungsverfahren zumindest glaubhaft zu machen. Eine wissenschaftliche, schulmedizinische Absicherung ihres Ansatzes behauptet die Beklagte aber selbst nicht.

Die Irreführung werde auch nicht dadurch beseitigt, dass die Werbeaussagen durch Formulierungen wie „soll“, „dazu bestimmt“, „kann“ relativiert würden. Auch die von der Beklagten vorgenommenen Hinweise am Ende des jeweiligen Werbetextes, auf die mit dem Zeichen * verwiesen werde, reichten nicht aus, eine Irreführung zu verhindern oder zu beseitigen. Der Hinweis am Ende des Textes, der Ansatz sei dem Bereich Alternativmedizin zuzuordnen und sei in der klassischen Schulmedizin bisher wissenschaftlich nicht anerkannt und gelte nicht als bewiesen, sei zu wenig konkret und für den umworbenen Adressaten nicht ausreichend nachvollziehbar. Ihm stehe auch die sehr ausführliche Werbung der Beklagten sowie ihr Hinweis auf die hinter den Produkten stehende Wissenschaft gegenüber. Zudem suggeriere die beachtliche Preisgestaltung der Beklagten für die Pads (kleines Pad 98,- Euro, großes Pad 9 cm 98,- Euro, 21 cm 198,- Euro) eine entsprechende Werthaltigkeit und damit auch die Wirkung des Produkts.

Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27.09.2012 - 4 U 163/12 -

§ 5 UWG:
„Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, ... Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, ... von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse...“

Dienstag, 18. September 2012

BGH: placebo-kontrollierte Studien für Wirksamkeitsnachweis

BGH, Urteil vom 15.03.2012, Az. I ZR 44/11  - "ARTROSTAR COMPACT"

Für den gemäß § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV zu führenden Nachweis der Wirksamkeit eines als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ergänzende bilanzierte Diät) beworbenen und vertriebenen Mittels bedarf es insbesondere auf dem Gebiet der Schmerzlinderung in Fällen, in denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt, placebo-kontrollierter Studien.

Donnerstag, 19. April 2012

BGH: Werbeverbot bei homoöpathischen Arzneimitteln

BGH, Urteil vom 28.09.2011, Az. I ZR 96/10
UWG § 4 Nr. 11, HWG § 5

Leitsätze:

a) Eine Werbung für ein registriertes homöopathisches Arzneimittel, in der die Wirkstoffe des Arzneimittels und deren jeweilige Anwendungsgebiete genannt sind, fällt auch dann unter das Verbot der Werbung mit Anwendungsgebieten nach § 5 HWG, wenn in der Werbung die Pflichtangabe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9, § 11 Abs. 3 Satz 1 AMG ("Anwendungsgebiete: Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation.") aufgeführt ist.

b) § 5 HWG ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass ein Werbeverbot nur in Betracht kommt, wenn die konkrete Werbeaussage zu einer unmittelbaren oder zumindest mittelbaren Gesundheitsgefährdung der Verbraucher führt.